Hab Verständnis für dein HERZ,
wenn es länger braucht,
etwas zu akzeptieren,
was dein Verstand schon lange weiß.
(M. Charifi)
Das Buch ist fertig. „Und?“, fragen uns Freunde, „Wie fühlt sich das an?“ „Großartig“. Da sind wir uns einig. Fast zwei Jahre hat uns dieses Projekt begleitet. Es war eine Zeit voller Hochs und Tiefs. Beide waren wir froh, als wir die Druckunterlagen freigegeben haben. Wir wollten endlich mit diesem leidigen Thema „Fremdgehen“ abschließen. Gestern hatten wir dann das Buch druckfrisch in der Hand. Mein größter Alptraum war ja, ich schlage das Buch auf und sehe auf Anhieb einen Fehler. Glücklicherweise war dem aber nicht so. Vermutlich sind welche drin, denke ich mir, da auch 100maliges Lesen nicht garantiert, dass es fehlerfrei ist. Aber scheiss drauf. Wir finden, da ist uns was ganz Besonderes gelungen und sind beide mega stolz.
Freude und Traurigkeit liegen manchmal ganz nah beieinander
Jetzt sitzen wir beim Italiener und wollen eigentlich feiern. Aber Anne starrt gedankenverloren ins Nichts. Eine Träne läuft ihr über die Wange. Es macht mich traurig sie so zu sehen, weil ich mir gut vorstellen kann, was in ihr vorgeht. Sie dreht gerade eine Ehrenrunde. Auslöser war ein einziger Satz. „Wir hätten nicht so schnell wieder zum Alltag übergehen sollen und uns mehr auf die Kinder konzentrieren sollen,“ sagte ihr Mann. Und da flippte sie aus. Weil sie genau das immer macht. Sich um alles kümmern und ganz besonders um die Kinder. Das kann man von ihm nicht sagen. War er doch derjenige, der von heute auf morgen sie und die Kinder für eine andere Frau verlassen hat. Sie sah rot. Ich bin mir sicher, dass er das irgendwie anders gemeint hat. Aber das konnte sie nicht erkennen. Trigger ist Trigger. Ich sehe die Traurigkeit. Aber auch die Wut. „Es ist so unfair“, sagt sie. Ja, das ist es. Aber nicht zu ändern.
Wir reden. Wir sind füreinander da.
Wir reden. Mal wieder. Es wird nicht das Letzte mal sein. Wir sind füreinander da. Fremdgehen macht einfach unfassbar viel kaputt. Es ist nicht wieder gut zu machen. Wir fragen uns, ob wir je wieder Leichtigkeit in der Beziehung erleben werden. Ob wir je wieder so vertrauen, wie wir es vor der Katastrophe getan haben. Vermutlich nicht. Beide starren wir dann noch ein wenig ins Nichts, jede in ihrer eigenen Gedankenwelt gefangen. Dann schauen wir uns an, atmen tief durch, zucken mit den Achseln und grinsen, weil wir beide morgen einen Workshop haben auf den wir uns unbändig freuen. Und dann schaffen wir es endlich unser Buch zu feiern. Es ist so cool geworden.