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Dies & Das

Im Podcast mit Personality Talks

Es ist passiert - wir legen die Masken ab

Vor Herausgabe unseres Buches haben wir lange überlegt, ob wir unter Pseudonymen veröffentlichen sollen. Keine leichte Entscheidung, schließlich sind nicht nur wir, sondern auch unsere Partner, Kinder und all die anderen Frauen, mit denen wir zu unserem Thema gesprochen hatten, betroffen.

 

Das Feedback, das wir seit Erscheinen des Buches erhalten hat uns jedoch bestärkt, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen. Von „Ihr sprecht mir aus dem Herzen“ über „Das Buch bringt mein Gefühlschaos wirklich auf den Punkt“ bis hin zu „Das Buch ist für meine Beziehung hilfreich, obwohl wir so eine Situation bisher nicht erlebt haben.“ haben wir soooo tolle Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern bekommen.

 

Mit unserem „Coming out“ wollen wir signalisieren, dass es keinen Grund gibt, sich für irgendetwas zu schämen. Auch wenn Social Media uns glauben lassen will, das Leben sei nur unbeschwert, glamourös und voller emotionaler Höhepunkte – Krisen, Beziehungsstress und Herausforderungen gibt es im Leben der meisten Menschen. Und hinter den schönsten Gardinen lauern bekanntlich die dicksten Tränen!

Wir wünschen uns, dass wieder mehr über echtes und normales Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen, gesprochen wird. Es ist eben nicht immer alles toll. Und das ist auch gut so, denn es sind vor allem die schwierigen Zeiten, in denen wir persönlich wachsen.

Unser erster öffentlicher Auftritt: Personality Talks

So haben wir uns Ende Dezember 2022 ins Abenteuer unseres ersten Podcasts zum Thema gestürzt und hatten wahnsinnig viel Freude dabei.

Danke an das Team von PersonalityMag – Simone und Sabine haben es uns wirklich leicht gemacht!

 

Die Podcast-Folge von PersonalityTalk könnt Ihr Euch hier auf Spotify anhören: 

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Gedankenwelt Hilfe zur Selbsthilfe

Wehret den Anfängen

Nicht meine Schuld

Aus heiterem Himmel passiert “es” – das, von dem du immer geglaubt hast, das passiert nur anderen Paaren. Aber doch nicht in deiner eigenen Beziehung! Weil die ja super ist, ihr euch gut versteht, tolle Kinder habt, mal mehr und mal weniger Sex, ein sicheres Einkommen, Haus, Hund, eben alles was man sich von seinem Leben erträumt hat. Da kann doch nix schief gehen.

 

Und plötzlich das: der Typ geht fremd! Du bist am Boden zerstört, verstehst die Welt nicht mehr. Die Träume von endless love ausgeträumt. Der Abgrund, vor dem du nun stehst, scheint kaum überwindbar. Der Schmerz, die Enttäuschung, dein Leiden sind so groß. Nie hast du dich elender gefühlt.

 

Und dann kommt jemand um die Ecke, am besten die eigene Mutter oder gar das eigene Kind, und sagt etwas wie “Naja, ich habe es ja irgendwie kommen sehen.  So ganz unschuldig bist du daran ja auch nicht!” Das bringt das Fass dann zum Überlaufen. Sind wir jetzt etwa in der Kategorie Ist doch klar, dass du ständig von komischen Typen angemacht wirst, so wie du dich anziehst. angekommen?’ Die Empörung schnürt mir fast die Luft ab.

 

Gegen die Vorstellung, ICH könnte mit all dem auch nur ansatzweise etwas zu tun haben, habe ich mich damals mit Händen und Füssen gewehrt. Vermutlich war der Schmerz für mich leichter zu ertragen, indem ich all meine Wut auf die aus meiner Sicht einzig Schuldigen projizieren konnte: auf meine Mann und diese Frau.

 

Irgendwann, als der erste Schock verdaut war und ich die Dinge etwas klarer sehen konnte, kamen erste Zweifel. Waren wirklich nur er und diese Trulla schuld an der Misere? Oder gab es tatsächlich Anzeichen, die ich nicht sehen konnte oder wollte? Was war mein Beitrag?

 

Ich habe diese kritische Auseinandersetzung als eine der bittersten Pillen in der gesamten Verarbeitung erlebt. Man schaut eben nicht gern in den Spiegel! Nicht bei diesen Themen. So schwer es auch war, irgendwann musste ich einsehen, dass auch ich meinen Teil dazu beigetragen hatte, dass unsere Beziehung aus den Fugen geraten war. Diese bittere Einsicht hatte auch etwas Gutes: ich konnte ab da versöhnlicher mit meinem Mann umgehen. Ich interessierte mich tatsächlich für seine Gefühlswelt und sah nicht nur einen durchgeknallten, sturzverliebten Midvierziger, sondern auch den Mann, der wie ich um das trauerte, was wir beide über einen zu langen Zeitraum versäumt hatten: uns kontinuierlich um uns und unsere Beziehung zu bemühen.

Es fängt mit Kleinigkeiten an

Das Tückische ist ja, dass es so harmlos anfängt. Erst schleichen sich Kleinigkeiten ein. Ein unter den Teppich gekehrter Konflikt, ein Tag ganz ohne Kuss, fehlendes Interesse an der Antwort auf die Frage “Wie geht es dir?”, Umarmungen werden seltener und ehe man sich versieht, lebt man nebeneinander her. Einsam in der Zweisamkeit. Zwei funktionierende Individuen.

 

Die US-amerikanischen Sozialforscher James Q. Wilson und George L. Kelling haben dieses Phänomen in Zusammenhang mit der Verwahrlosung von Stadtteilen in New York 1982 als “Broken Window Theory” bezeichnet.

 

“Diese Theorie besagt, dass harmlose Verstöße gegen die Norm, wie beispielsweise ein zerbrochenes Fenster, der Beginn für den vollständigen Niedergang eines ganzen Systems sind. Mögliche Beweise kann man viele finden. So wurde zur Unterlegung der Theorie ein vollkommen intakter Jaguar in die südliche Bronx gestellt. Vier Tage vergingen und das Auto konnte ohne Kratzer wieder abgeholt werden. Keiner kam auf die Idee, den Wagen anzufassen oder gar schlimmeres damit zu machen. Das gleiche Experiment wurde kurz darauf wiederholt. Allerdings hatte man dieses Mal eines der kleinen Fenster eingeschlagen. Innerhalb von vier Stunden lag das Auto auf dem Rücken, wurde angezündet und ausgenommen. Die Lehre aus diesem Test lautet: „Beschädige etwas und kümmere dich nicht darum, andere werden es somit genauso behandeln“.* 

Man muss aber nicht unbedingt ein Auto opfern, um den Beweis für eine solche Theorie zu erbringen. Die Beobachtung des eigenen Mikrokosmos reicht häufig aus. Jeden Freitag ist bei uns Aufräumtag. Ich liebe es einfach, wenn alles an seinem Platz ist. Wehe es lässt jemand was liegen. Bei fünf Personen im Haushalt leider nicht so einfach zu realisieren. Über das Wochenende lässt dieser Anspruch deshalb oft nach und die ersten Dinge befinden nicht mehr auf ihrem Platz. Das Chaos findet seinen Weg.

Dein Bauch weiß längst was Sache ist

Ergo, wehret den Anfängen. Wenn sich irgendwas komisch oder nicht mehr richtig anfühlt, ist Handeln bzw. Reden angesagt. Das haben wir damals nicht getan, weil immer irgendwas wichtiger war. Heute hat es für mich absolute Priorität. Ich halte die umgehende Klärung eines “Das-ist-ja komisch-Gefühls” für den wichtigsten Teil von Beziehungspflege. Denn wenn die zerbrochene Fensterscheibe nicht unverzüglich repariert wird, finden wir uns schnell in einer Bruchbude wieder.

Mal Hand aufs Herz: wo gibt es in Deiner Beziehung kleine Risse oder Mängel? Wäre nicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt, sie in Ordnung zu bringen?

*https://www.thewebhatesme.com/fuehrung/zerbrochene-fenster/